Typisierungsaktion als Freundschaftsdienst: Corona-konform, sicher und per Drive-In
(umg) Als sie erfahren, dass ihr Freund Frank „Zetti“ Zindel auf eine Stammzellspende angewiesen ist, wollten Jörg Grabowsky und die vier befreundeten Familien Bernd, Bertram, Grabowsky und Mai aus Uslar und Schoningen nicht tatenlos sein und werden aktiv. Am letzten Februar-Wochenende organisierten sie eine Typisierungsaktion in Wiensen unter Corona-Bedingungen. Auch per Drive-In konnten sich die Menschen aus dem eigenen PKW heraus typisieren lassen.
„Für den Abstrich reicht es, mit einem Stäbchen ein paar Sekunden lang über die Innenseiten der Wangen zu streichen“, sagt Karin Bertram, die bei der Typisierungsaktion unterstützte. Die Wattestäbchen aus der Aktion in Wiensen werden in einem Labor mit einer aufwendigen Labormethode molekulargenetisch untersucht. Ziel der Untersuchung ist es, für jede Probe die spezifischen Gewebemerkmale oder sogenannten HLA (Humane Leukozyten-Antigene)-Merkmale zu ermitteln.
Dass viele Menschen aus Uslar und Umgebung Hilfsbereitschaft zeigen würden, da war sich Jörg Grabowsky im Vorfeld sicher. „Unser Freund ,Zetti‘ hat sich in der Region unter anderem in der Feuerwehr oder als Karnevalist engagiert. Da konnten wir davon ausgehen, dass er bei den Wiensern und vielen anderen in der Umgebung bekannt ist“, sagt Grabowsky. Jede einzelne Typisierung erhöht für „Zetti“ und andere Patient*innen die Chance, dass ein*e passende*r Stammzellspender*in gefunden wird.
In Kooperation mit der Knochenmark- und Stammzellspenderdatei Göttingen (KMSG) an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) hatten die Organisatoren für die Typisierungsaktion geeignete Rahmenbedingungen geschaffen, damit sie auch in der aktuellen Pandemie-Lage reibungslos und sicher ablaufen konnte. Die Aktion fand in einer großen Sporthalle mit Einbahn-Leitsystem statt. Für diejenigen, die sich lieber im Vorbeifahren testen lassen wollten, wurde eine Drive-In-Typisierungsstation mit zwei Zelten aufgebaut. Die örtliche Feuerwehr organisierte den Verkehr für diese Stationen. Insgesamt halfen 40 Personen an dem Wochenende mit. Sie alle wurden vor ihrem Einsatz auf das Corona-Virus getestet. Eigentlich hatten sich sogar rund 80 Personen als Helfer*innen bereit erklärt. „Die Vorbereitungen und die Rahmenbedingungen bei der Typisierungsaktion waren wirklich erstklassig organisiert“, sagt Dr. Beatrix Pollok-Kopp, Leiterin der KMSG an der UMG, die vor Ort dabei war. „Auch die Drive-In-Option wurde gut angenommen: Zwischen zahlreichen PKWs hat sich sogar ein Pferd mit Reiterin eingereiht“, so Pollok-Kopp.
Jörg Grabowsky blickt nach der Typisierungsaktion auf das Wochenende zurück: „Eigentlich sind wir es gewohnt zu helfen. Dass die Aktion eine solche Welle der Hilfsbereitschaft auch bei Menschen, die wir nicht kennen, auslöst, ist ungewohnt und total schön! Es war eine bewegende Geschichte für alle. Eine solche Typisierungsaktion kann ich sehr zur Nachahmung empfehlen“.
Erkrankungen des blutbildenden Systems
Mehrere tausend Kinder und Erwachsene erkranken jährlich in Deutschland an Leukämie oder anderen Blutkrebserkrankungen. Bei Leukämie werden „unreife“ – also nicht funktionstüchtige – weiße Blutkörperchen gebildet, die sich unkontrolliert vermehren. Dadurch kann das Blut seine lebenswichtigen Aufgaben, wie zum Beispiel den Sauerstofftransport oder die Infektionsabwehr, nicht mehr erfüllen. Der Heilungsprozess ist langwierig und belastend. Vielen dieser Erkrankten kann nur noch eine Stammzellspende helfen. Für eine Transplantation werden viele Millionen Stammzellen benötigt.
Typisierungen
Bei einer Typisierung werden Gewebemerkmale – die sogenannten HLA-Merkmale – ermittelt. Mehrere tausend Varianten dieser Merkmale existieren in unzähligen Kombinationen. Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Menschen die gleichen Gewebemerkmale haben, ist sehr gering. Diese müssen übereinstimmen, damit eine Stammzellspende erfolgen kann. Typisierungsaktionen, bei der sich zahlreiche Menschen als potenzielle Stammzellspender*innen registrieren, helfen, diese „Nadel im Heuhaufen“ zu finden. Damit Spender*innen und Erkrankte schnell zusammengeführt werden können, werden die Daten pseudonymisiert an das Zentrale Knochenmark- und Stammzellspender-Register in Ulm (ZKRD) übermittelt. Sollte ein*e passende Spender*in bei der KMSG gefunden werden, wird die Person von einem interdisziplinären Ärzte-Team der Universitätsmedizin Göttingen betreut. Personenbezogene Daten bleiben dann bei der UMG.
Mehr Informationen zur KMSG:
WEITERE INFORMATIONEN:
Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität
Zentralabteilung Transfusionsmedizin
Rebecca Claude
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