Highend-Gerät für die präzise Therapie von Krebspatient*innen
(umg) Seit genau einem Jahr profitieren Krebspatient*innen von einem neuen Linearbeschleuniger der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG). Die Kosten für das Bestrahlungsgerät Ethos belaufen sich auf fast sechs Millionen Euro, die von der UMG und dem Land Niedersachsen getragen werden. Mit der neuen Technik geht auch ein neues Behandlungskonzept einher: die online Adaptive Radiotherapy (online angepasste Strahlentherapie), kurz oART. Mittels künstlicher Intelligenz (KI) werden die komplexen Bestrahlungspläne tagesaktuell neu berechnet und an die veränderten anatomischen Verhältnisse im Körper der Patient*innen angepasst. „Durch die adaptive Bestrahlung erhoffen wir uns erheblich weniger Strahlen-Nebenwirkungen an zum Beispiel Blase, Darm, Lunge und Speiseröhre. Aber auch die Hauptwirkung der Bestrahlung, die vollständige Zerstörung des Tumors, könnte sich verbessern, da die Tumore täglich neu und präzise ins Visier genommen werden“, sagt Prof. Dr. Stefan Rieken, Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie und Sprecher des UniversitätsKrebszentrums Göttingen der UMG. Der Linearbeschleuniger der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie der UMG ist eines von nur sechs Geräten in ganz Deutschland.
Standardverfahren versus oART: Die Unterschiede
Im Standardverfahren wird ein einziger Bestrahlungsplan für den gesamten Verlauf der zwei- bis sechswöchigen Strahlentherapie errechnet. Anpassungen an eine veränderte Anatomie, durch unterschiedliche Füllungszustände (Abbildung 1) von Magen, Darm und Blase sowie durch ein Schrumpfen der bestrahlten Tumore, können nur durch Tischverschiebungen oder aber durch große Sicherheitsräume der Strahlenfelder erreicht werden. Die Form der Strahlendosis wird nicht angepasst. Um Tumore zuverlässig zu treffen, müssen mitunter Nebenwirkungen in Kauf genommen werden.
Mit dem Bestrahlungsgerät ETHOS und dem oART-Verfahren ist es nun möglich, an jedem einzelnen Behandlungstag einen neuen Bestrahlungsplan zu errechnen, der sich an aktuelle anatomische Gegebenheiten anpasst. Gesunde Organe werden dadurch geschont und Tumore sehr viel besser erfasst. Um die komplexen Dosisberechnungen tagesaktuell zu ermöglichen, bedient sich der ETHOS künstlicher Intelligenz (KI). Die KI erkennt gesunde Organe und zu bestrahlende Tumore trotz täglicher Veränderung in Lage und Größe. Die Strahlendosis wird in nur wenigen Minuten angepasst. Jeder Arbeitsschritt der KI wird an der UMG von einem Team aus über 50 Fachärzt*innen, Physiker*innen und technischen Assistent*innen streng kontrolliert. Durch den KI-Einsatz ist eine einzelne oART-Bestrahlung in zirka 15 Minuten möglich. Insbesondere Patient*innen mit Tumoren in sehr lagevariabler Position wie Beckentumore, Prostatakrebs, Darmkrebs oder gynäkologische Tumore eignen sich für die oART-Bestrahlung am ETHOS (Abbildung 1). Aber auch Tumore wie Lungen- oder Kopf-/Hals-Tumore sowie Lymphdrüsenkrebs die schnell auf eine Bestrahlung ansprechen und daher früh kleiner werden, sind gut geeignet für die neue Technik (Abbildung 2). Die Vorteile liegen auf der Hand: Mit dem neuen Verfahren ist eine schnellere sowie schonendere Behandlung mit hochaufgelöster integrierter Bildgebung für eine genauere Positionierung der Patientin oder des Patienten möglich. Die oART-Bestrahlung am ETHOS wird durch alle gesetzlichen wie privaten Krankenkassen übernommen.
„Die bisherigen Erfahrungen mit dem ETHOS und dem oART-Verfahren sind sehr positiv“, sagt Prof. Dr. Stefan Rieken und ergänzt: „Wir haben bisher über 800 Patient*innen mit dem Ethos behandelt und diese haben erheblich weniger Nebenwirkungen als in der Vergangenheit. Nach einem Jahr im Einsatz sind wir von dem neuen Verfahren absolut überzeugt und freuen uns, den Patient*innen an der UMG dieses Verfahren anbieten zu können. Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung personalisierter Behandlung.“
„Der Linearbeschleuniger ist das einzige Gerät dieser Art in Niedersachen und ein Zeichen für die Spitzenmedizin bei der Versorgung von Krebspatient*innen. Mit der Anschaffung dieses hochmodernen Gerätes wird der Grundstein für die komplette Modernisierung der Strahlentherapie an der Universitätsmedizin Göttingen gelegt von der Patient*innen in ganz Niedersachsen direkt profitieren“, sagt Dr. Andreas Philippi, Niedersächsischer Minister für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung.
Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie an der UMG
In der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie der UMG werden jährlich rund 1.500 Patient*innen mit Tumorerkrankungen aller Art sowie mit schmerzhaften Gelenkserkrankungen behandelt. Mit dem Wechsel von Prof. Dr. Stefan Rieken nach Göttingen wurde eine komplette Modernisierung der Strahlentherapie eingeleitet. Mit dem Linearbeschleuniger können zukünftig sehr kleine Gebiete mit hoher Intensität und Präzision bestrahlt werden.
Weitere Informationen unter: https://strahlentherapie.umg.eu/
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